Es geht beim silbenanalytischen Ansatz um eine Perspektive auf den Schriftspracherwerb, die den Gegenständen, auf die sich der Schriftspracherwerb bezieht (die gesprochene und geschriebene Sprache und deren „Übersetzung“ beim Lesen und Schreiben), die gebührende (sprach-) wissenschaftliche Sorgfalt entgegen bringt.
Und zwar nicht als Selbstzweck, sondern:
– weil so eine bessere Perspektive auf die Wahrnehmung der Kinder ermöglicht wird.
Kinder nehmen Sprache als gesprochene Sprache wahr. Die Wahrnehmung ist noch nicht durch die Brille der Buchstabenschrift vorstrukturiert: Gesprochene Sprache wird am Anfang noch nicht als Abfolge einzelner, abtrennbarer Laute verstanden. Auch nach Kenntnisnahme von Buchstaben wird die Ähnlichkeit von Lautereignissen noch nicht durch die den Erwachsenen gängigen Kategorisierungen durch Buchstaben getrübt wahrgenommen (so entstehen, im eigentlichen Sinne des Wortes, lautgetreue Schreibungen wie Hont, Peza, Mönchen [vgl. unten], Fänzda, Tüa, fraeja u.Ä.).
– weil auch so eine bessere Perspektive auf das ermöglicht wird, was Erwachsene, die lesen und schreiben können, beim Lesen und Schreiben an implizitem (unbewusstem) Wissen anwenden. – was wiederum klarer macht, was Kinder lernen müssen.
Die Buchstabenschrift leistet mehr, als die Darstellung von Lauten. Das ist den Erwachsenen aber oft nicht bewusst. (Das führt dann manchmal auch dazu, dass Erwachsene die Fehlerquelle bei Kindern nicht verstehen.)
Beispiel Hont, Peza, Mönchen (statt Hund, Pizza, München)
"Kurzes" u, i, ü sind "langem" o, e, ö fonetisch sehr ähnlich (vgl. wund/wohnt, nimmt/nehmt, Hülle/Höhle). Bei der gängigen Buchstabeneinführung lernt ein Kind nur die Zuordnung der Selbstlautbuchstaben mit den "langen" Selbstlauten, und schreibt diese dann auch, wenn es die sehr ähnlichen "kurzen" hört – gerade wenn es sich die entsprechenden Wörter langsam und gedehnt vorspricht (mit einer "Roboter-" oder "Pilotsprache", wie sie leider oft empfohlen wird). Ein Schriftkundiger liest aber Hont, Mönchen automatisch, aufgrund der Silbenstruktur, vgl. unten, mit "kurzem" o, ö – und wundert sich, warum das Kind das so "falsch" schreibt ...
Als Anknüpfungspunkt bietet sich deshalb das an, was Kinder bereits (auch ohne Schriftkenntnis) von der Sprache kennen (insbesondere aus Liedern, Abzählreimen usw.):
Beispiel Retter Wieviele Laute hat das Wort? Viele Erwachsene: „6“; dagegen Kinder (nach erster Buchstabeneinführung): „4“ (fonetisch korrekt!)...
Beispiel fiktive Wörter:
Zönte | Zöte | |
Zöhnte | Zötte | Zöhe |
Lautsprache ist keine bloße Abfolge einzelner Laute.
Sondern: besondere Kombination von Lautfolgen/-bündeln, die in besonderen Positionen in Silbe und Wort vorkommen und so den Wörtern im Deutschen ihren besonderen lautlichen und silbischen/metrischen (= prosodischen) Charakter geben.Auch die Rechtschreibung bildet nicht nur einzelne Laute ab.
Sondern auch: Lautfolgen (vgl. z, ei, qu, st-/sp-, nk; aber auch z.B. „m(p)t“, „m(p)f“, „n(t)ß“, „n(t)sch“: geschrieben mt, mpf, nz, nsch; sowie sk, ps, ft, schw, ...); Laute und Lautfolgen in ihrer Position in der Silbe und im Wort. Auf diese Weise gibt sie auch Informationen über die silbische/metrische (= prosodische) Struktur der Wörter wieder. Vgl. ei/Selbstlaut + r, st-/sp- am Wortanfang, aber auch den zentralen Bereich der Schreibung der Selbstlaute mit ihren verschiedenen Lautqualitäten (Doppelte Darstellung der Mitlaute nach Selbstlauten, ie, „stummes h“ nach Selbstlauten, ...).
Typischerweise kommen nur in der betonten Silbe Vollvokale in ihrer typischen Differenzierung geschlossener/langer Vokal/ohne festen Anschluss – offener/kurzer Vokal/mit festem Anschluss vor.
Die unbetonten Silben bilden die Reduktionssilben -e, -er, -el, -en, -em (auch in Kombination mit weiteren -n, -l, sowie -s, -st, -t, -d) bzw. weitere typische Wortausgänge und Endungen mit knapp artikuliertem Vokal (-ig, -ung, -ich u.a.). Auch die unbetonte Silbe vor einer betonten Silbe hat solch eine typische Form: ge-, be-, er-, ver-, zer-, ent-. Markantes Merkmal der unbetonten Silben in der Schreibung ist demnach in den meisten Fällen der Buchstabe e.
Aus der trochäischen Struktur und den zwei Anschlussvarianten der Selbstlaute ergeben sich fünf typische trochäische Wortgestalten:
Zönte Lautstruktur: Selbstlaut im betonten Silbenkern mit festem Anschluss an silbenschließenden Mitlaut + unbetonte Silbe (beginnend mit Mitlaut)
Funktion der Schreibung: Ente, Apfel, wünschen, schimpfend, öfters, Erfindung |
Zöte Lautstruktur: Selbstlaut im betonten Silbenkern ohne festen Anschluss und ohne silbenschließenden Mitlaut + unbetonte Silbe (beginnend mit Mitlaut)
Funktion der Schreibung:
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Zöhnte
Funktion der Schreibung: |
Funktion der Schreibung: |
Zöhe
Funktion der Schreibung: |
Neben dieser trochäischen Struktur mit der typischen Form unbetonter Silben, gibt es noch eine ganze Reihe von Wörtern, deren trochäische Struktur auch in unbetonten Silben Silbenstrukturen mit Vollvokalen und beliebigen Konsonanten zulässt. Wörter mit dieser Mehrsilbenstruktur weisen ganz regelhaft einige Rechtschreibbesonderheiten auf, die sich aber eben aufgrund ihrer andersartigen Struktur leicht zuordnen lassen.
[noch auszuführen...!!]